Ronna Giorgio
Entre Pindorama – Filmreihe: Invention & Subversion
01.–29.11.2004
Die Filmreihe Invention & Subversion ist Teil des Veranstaltungsprojekts Entre Pindorama im Künstlerhaus Stuttgart und erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Kommunalen Kino, Stuttgart. Organisiert wird die Reihe von Ronna Giorgio.
An Hand von einigen der repräsentativsten Werke von Regisseuren, die sich mit der bildlichen Darstellung von Problemen mittels der ursprünglichen Assoziation von Form und Inhalt beschäftigen, soll diese Filmreihe einen kurzen Überblick über filmische Innovationen, die Darstellung von Außenseitern und die problematische politische Lage in Brasilien geben. Die Filme werden in chronologischer Reihenfolge vorgestellt. Im Zentrum steht eine Suche, die Suche nach einer nationalen Identität in den 30er Jahren, nach den Ursprüngen und Fundamenten des “Cinema Novo” in den 50er und 60er Jahren, nach der Wirkung der Diktatur auf die Filmproduktion und die Vorstellungen vom Kino und nach den Wegen, die zeitgenössische Regisseure gewählt haben, um die sozialen Kontraste in der brasilianischen Gesellschaft zu porträtieren und zu diskutieren
Programm:
Limite (Die Grenze)
Brasilien 1931, Regie: Mario Peixoto. 120 Min. Stumm, OF mit Zwischentiteln.
Ein einzigartiges und vorwärtsweisendes Werk, das den Höhepunkt des brasilianischen Stummfilms repräsentiert und den Beginn zu einer eigenen nationalen Bildsprache.
Ganga bruta
Brasilien 1933, Regie: Humberto Mauro. Originalfassung. 82 Min
Die Spannung zwischen einer neuen und der alten Gesellschaft, zwischen Natur und Industrialisation. Die Geschichte eines Geschäftsmannes, der in seinen Flitterwochen zum Mörder wird. halb Stumm- und halb Tonfilm.
Rio 40°
Brasilien 1955, Regie: Nelson Pereira dos Santos. Originalfassung mit englischen Untertiteln. 100 Min.
Ein halbdokumentarischer Film über die Menschen in Rio de Janeiro. Die Kamera folgt jungen Burschen aus einer Favela, die an der Copacabana, beim Zuckerhut und am Maracanã Stadion Erdnüsse verkaufen. Mit dem Film wurde Nélson Pereira dos Santos zum Wegbereiter des brasilianischen “Cinema Novo”, das sich mit minimalen finanziellen Mitteln auf die Darstellung aktueller Probleme des Landes besann.
Deus e o Diabo na Terra do Sol (Gott und Teufel im Lande der Sonne)
Brasilien 1964, Regie: Glauber Rocha. Deutsche Fassung. 125 Min.
Ein Klassiker des “Cinema Novo”. Er greift das Leben im Nordosten Brasiliens auf und stellt am Irrweg der Hauptpersonen exemplarisch den Einfluss des religiösen und politischen Fanatismus in diesem Teil Brasiliens dar.
Macunaima
Brasilien 1969, Regie: Joaquim Pedro, Originalfassung mit deutschen Untertiteln. 108 Min.
Unter dem Einfluss des Tropikalismus entstandene Verfilmung nach dem gleichnamigen Roman von Mário de Andrade aus dem Jahre 1922. Macunaima, geboren als Indianer, wird schwarz, und dann weiß, verlässt den Amazonasdschungel und zieht in die große Stadt und verliert trotzdem niemals den Kontakt zu seinem vorhergehenden Leben.
A Idade da Terra (Das Alter der Erde)
Brasilien 1980, Regie: Glaube Rocha. 160 Min.
Ein Exkurs über die Geschichte Brasiliens, Lateinamerikas und auch Europas, dargestellt durch fünf Erlöserfiguren, die auf unterschiedliche Weise gegen Brams, die Inkarnation der Macht, ankämpfen. Ein kinematografisches Geflecht aus Mythen, Mysterienspiel, Folklore, animistischen Kulturen, kulturellen, religiösen und politischen Statements. Der letzte Film von Glauber Rocha, dem wichtigsten Vertreter der Cinema-Novo Bewegung.
O Invasor (Der Eindringling)
Brasilien 2002, Regie: Beto Brant. Originalfassung mit englischen Untertiteln. 97 Min.
Zwei Männer heuern einen professionellen Killer an, um sich ihres Geschäftspartners zu entledigen. Nachdem das Verbrechen verübt wurde, werden sie diesen nicht mehr los. Sabotage, ein Rapper aus Sao Paulo, der den Soundtrack lieferte und in einer Gastrolle auftrat, wurde 2003 ermordet.
Madame Satã
Brasilien/Frankreich 2002, Regie: Karim Aïnouz. Brasilianische Originalfassung mit englischen Untertiteln. 105 Min.
König und Königin, Heiliger und Satan in einer Person: João Fransicsco dos Santos (1900-1976), alias Madame Satã, ist ein Mythos in Brasilien. Sein Leben als Gauner, Transvestit, Straßenkämpfer, Gefangener und Vater von sieben adoptierten Kindern wird wie durch ein Kaleidoskop erfasst und zeigt ein facettenreiches Bild der Unterwelt Rios in den 1930er Jahren.
Edificio Master
Brasilien 2002, Regie: Eduardo Coutinho, Originalfassung mit englischen Untertiteln. 110 min.
Der schon zu Zeiten des Cinema Novo in den 60er Jahren berühmte Dokumentarfilmer Eduardo Coutinho ist in diesem Film einmal wieder sehr eindringlich den sozialen und menschlichen Problemen seiner Landsleute auf der Spur. Diesmal beobachtet er das riesige Hochhaus »Edificio Master« in Rio de Janeiros. Dabei entstand ein faszinierendes Universum der Lebenswelten aller Bewohner des die mit all ihren Freuden, ihrer Einsamkeit, ihren unerfüllten Sehnsüchten und ihren Problemen vor der Kamera Revue passieren. Ein Mikrokosmos Rio de Janeiros.
Fala Tu
Brasilien 2004, Regie: Guilherme Coelho. Originalfassung mit englischen Untertiteln. 74 Min.
Der Filmemacher folgt drei Rappern über neun Monate und zeigt auf, wie Hip-Hop das Leben dieser Jungen und Mädchen aus den Favelas Rio de Janeiros beeinflusst hat.