Visit-Reihe: Ich bin kein Sender. Ich strahle nichts aus.
Kai Bauer, Andreas Mayer‑Brennenstuhl, Enno Schmidt
Andreas Mayer-Brennenstuhl im Gespräch am “e-Kamin” mit Kai Bauer (Stuttgart) und Enno Schmidt (Frankfurt) zum Thema Funktion und Funktionalisierung künstlerischer Rollenmodelle in der aktuellen gesellschaftlichen Situation.
Die Existenzweise des Künstlers als Projektionsfläche für autonome Lebensentwürfe und selbstbestimmte Produktionsformen ist eine problematische Denkfigur, vor allem in der aktuellen gesellschaftlichen Situation, in der sich das “Ende der Arbeitsgesellschaft” immer deutlicher abzeichnet. Sie verspricht einerseits die Einlösung der modernen Utopie eines autonomen Individuums und offenbart zugleich die Defizite dieses Konzeptes im Zerfallsprozess gesellschaftlicher Bezüge.
Die damit verbundene Problematik zeigt sich auch konkret in den Funktionalisierungen, die dieses Konzept derzeit erlebt: Die Künstlerexistenz soll nicht nur als Modellfall für das out-sourcing von Arbeitsverhältnissen dienen (mit allen sozialen Folgen der Prekarisierung); nach den Vorschlägen der “Hartz-Komission” sollten Künstler sich darüberhinaus auch engagieren als Animateure bei der “Künstlerischen Qualifizierung von Langzeit-Arbeitslosen”, bei der “Betreuung von Selbsthilfegruppen”, in “Auftritten bei Benefizveranstaltungen zugunsten des Arbeitsmarktes” oder bei “Patenschaften für Beschäftigungs-Initiativen”.
Diesen Begehrlichkeiten wird in einer Installation von Andreas Mayer-Brennenstuhl im Künstlerhaus Stuttgart die Vision von Kasimir Malevich gegenübergestellt, der schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einem programmatischen Text unter der Überschrift ” Die Faulheit als wahre Bestimmung des Menschen” eine andere Lösung des Arbeits-Problemes vorausgedacht hat: Die Trennung von Arbeit und Einkommen, verwirklicht im Recht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen!
Die Reihe Visit ist ein offenes Forum für die Präsentation und Diskussion zeitgenössischer Kunst. Hier bietet das Künstlerhaus allen Interessierten die Möglichkeit, selbst Veranstaltungen wie Diskussionen, Vorträge oder Screenings zu erarbeiten und vorzuschlagen. Die Zusammenstellung der Reihe erfolgt durch eine Gruppe von Mitgliedern, die sich regelmäßig trifft.